Golden Trail World Championships
Nach einer langen Saison wartete auf mich noch eine besondere Laufchallenge – ein viertägiger Etappenlauf auf der Azoreninsel Faial! Es ging durch knöcheltiefen Schlamm, durch dichte Regenwälder und über messerscharfes Vulkangestein. Täglich wurden im Schnitt 27 Kilometer mit rund 1300 HM gelaufen.
Qualifikation:
Ende September qualifizierte ich mich für diese WM, da ich das Golden Trail Segment Germany (31 KM, 1500 HM) im Taunus bei Frankfurt deutlich gewann. Dort verbesserte ich nicht nur die Zeit vom namhaften Trailläufer Florian Neuschwander um sechs Minuten, sondern auch vom belgischen „2:12-Stunden-Marathoni“ und Olympiateilnehmer (Rio; 2018) Florent Caelen. Florent gewann aber noch das niederländische Golden Trail Segment und qualifizierte sich entsprechend.
Am 24. Oktober war es so weit! Ich flog nach Faial um mich mit den besten Trailläufern der Welt zu messen. Über 70 Qualifikationsmöglichkeiten gab es weltweit. Daher war die Konkurrenz offensichtlich enorm. Aufgrund der ganzen Wettkampfabsagen 2020 erschien mir das Starterfeld dieses Jahr besonders dicht zu sein. Unter anderem waren sowohl der amtierende Weltmeister Jim Walmsley und der amtierende Vizeweltmeister Francesco Puppi am Start.
Proloque:
Das Event begann am Mittwoch, dem 27. Oktober mit einem Prologue über die Sprintdistanz von 3,4 KM und 120 HM als Time Trail. Dabei war es wichtig unter die ersten 50 Läufer zu kommen, um bei der ersten Etappe in der ersten Startwelle starten zu dürfen. Mit Platz 37 gelang mir das solide.
Etappe 1 am Donnerstag, dem 28. Oktober: 23 KM mit ca. 1100 HM waren zu meistern. Direkt nach dem Start ging es steil bergauf. Ich sortierte mich im Feld zwischen Platz 20 und 30 ein. Es begleitete uns Regen, Nebel und vor allem viel Wind. Je steiler das Gelände, desto mehr arbeitete ich mich nach vorne. Doch das Gelände wurde immer unwegsamer, der Schlamm wurde tiefer und ein Weg war kaum noch zu erkennen, sodass ich ein paar Plätze verlor. Auf dem höchsten Punkt auf 900 Meter angekommen folgte ein sehr schmaler Trail um den Vulkankrater herum. Dort blies uns der Wind fast vom Berg. Es war mir klar: Gas geben muss ich vor allem im Downhill. Im Downhill gegen die starken Italiener, Spanier und Franzosen zu bestehen will schon etwas heißen. Einige Plätze musste ich auf dem steilen Trail, der einer Rutschbahn glich, auch einbüßen. Aber ich schlug mich gut, obwohl ich kein Spezialist für solch technisch anspruchsvolle Strecken bin. Das Gelände wurde weiter unten laufbarer. Allerdings folgte noch ein schlammiger Abschnitt, sodass ich meine Gruppe nicht halten konnte. Auf Platz 25 beendete ich Tag 1 – ich war damit voll zufrieden, denn ich habe mit meiner Kraft hausgehalten, sodass ich der zweiten Etappe am Folgetag entgegen fiebern konnte.
Etappe 2 über 24 KM mit ca. 1100 HM: Was machen die Beine heute? Ich fühlte mich gut vor dem Rennen. Wenn ich mich Gesamtklassement unter den Top 20 platzieren möchte, muss ich nun mich weiter nach vorne arbeiten. Also volle Attacke? Ich ging das Rennen sehr beherzt an. Die Strecke begann wieder sehr steil. Ich behauptete mich weit vorne. Wir rannten nach ca. 3KM eine steile Wiese hinauf – allerdings ohne Weg - entsprechend uneben war das Gelände. Der Matsch wurde immer tiefer. Ich verlor den Anschluss und wurde von mindestens fünf Läufern überholt. Auf dem höchsten Punkt angekommen lief ich über den schmalen Grat der Kaldera. Ausblicke gäbe es hier normalerweise bis weit über den atlantischen Ozean – aber nicht in diesem Nebel und Regen. Der Downhill war unproblematisch, ein gut laufbares Gelände. Es liefen dennoch zwei Läufer auf mich auf. Was ist los mit mir heute? Gut lief es nicht für mich an Tag 2. Ich fightete noch bis ins Ziel, aber mehr Platz 32 war nicht drin. Eine Enttäuschung!
Etappe 3 über 30 KM mit ca. 1500 HM:
Gestern begann ich mit einem enorm hohen Tempo. Doch es kostete mich viele Minuten am Ende. Konsequenterweise startete ich heute zurückhaltender. Ich lief sehr gleichmäßig die ersten hügeligen 10 Kilometer in einer Gruppe nur mit. Beim ersten Anstieg arbeitete ich mich gleichmäßig nach vorne. Ich fühlte mich gut und es lief richtig gut! Ein super Gefühl und wichtig für meine Psyche. Die letzten 200 Höhenmeter kämpfte wir uns wieder durch knöcheltiefen Schlamm. Vom Laufen kann keine Rede sein! Der Downhill war ausnahmsweise unproblematisch. Es ging über einen breiten Weg hinab – ich ließ einfach laufen. Die letzten 10 Kilometer waren allerdings noch einmal ein echter Fight! Auf dem hügeligen Abschnitt waren noch rund 500 Höhenmeter zu überwinden. Mit dem Spanier Antonio Alcalde duellierte ich mich und konnte ihn auch auf den letzten 2 Kilometern noch hinter mir lassen. Tag 3 beendete ich auf Platz 21.
Etappe 4 über 34 Kilometer und 1400 Höhenmeter:
Der letzte Tag – allein dieser Gedanke löste Motivation aus! Nachdem ich mit meinem passiven Rennbeginn an Tag drei gut gelaufen bin, startete ich an Tag 4 erneut zurückhaltend. Ab Kilometer fünf kam meine Zeit, wo ich mich Position für Position nach vorne arbeitete. Der Anstieg verlief über verschiedene Trails – aber es waren alles gut zu laufende Wege. Lange Zeit lief ich mit dem Polen Marcin Rzeszotko. Doch dann kam der Downhill – kein Weg, eine Wiese die unebener kaum sein konnte. Ich verlor den Anschluss. Danach wurde das Gelände für ca. 2 Kilometer wieder laufbarer, bevor ein Pfad durch den Regenwald mir nochmal zu schaffen machte. Flüssig laufen konnte man hier nicht. Es folge ein anspruchsvoller Downhill über einen Mountainbiketrail – dort lief ich flüssig runter. Die letzte 3 hügeligen Kilometer konnte ich genießen. Platz 21. erlief ich an Tag 3.
Im Gesamtklassement erreichte ich Platz 23. Ein Ergebnis, dass sich bei einem derart stark besetzten Rennen sehen lassen kann. Die Strecke war sicher nicht ideal für mich, da das Gelände technisch höchst anspruchsvoll war. Die hohe Luftfeuchtigkeit von über 90 Prozent war zudem eine Challenge. Doch ich habe dazu gelernt – meine Qualitäten im Downhilllaufen haben sich 2020 verbessert – das konnte ich nicht zuletzt bei den Golden Trail World Championchips unter Beweis stellen.
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